Das Teilzeitfreizeitheim

Hernandez war am Wochenende zu einer Vergnügungsfahrt eingeladen gewesen, die sich als Verkaufstour entpuppte. Zwar hatte man ihm ein Stück gepflegter Parklandschaft gezeigt, die seinen städtische Ausblicke gewöhnten Augen durchaus eine gewisse Abwechslung geboten hatten. Auch hatte es an darin befindlichen Rehen nicht eben gemangelt, jedoch schien das Verkaufen von Ferienhäusern das Antriebsmotiv der Veranstalter gewesen zu sein. Er könnte Eigentümer eines luxuriös eingerichteten Ferienhauses werden, das Raum für bis zu 8 Personen böte und dessen Badezimmer so großzügig ausgelegt waren, daß sich alle acht gleichzeitig darin wässern könnten.Bild größer zeigenDer Reiz an dem Angebot bestehe nicht nur im gleichzeitigen Baden im Wirlpool, sondern in dem unschätzbaren Vorteil, daß Hernandez Eigentümer des Hauses würde mit Grundbuch und allem, hatte man ihm erklärt. All diese Vorteile könnte er bereits für nur rund 23.800 DM Gesamtpreis genießen. Der günstige Preis käme geschickterweise dadurch zu Stande, daß noch 51 weitere Eigentümer das haus erwarben, er also nur ein Zweiundfünfzigstel der Immobilie zu finanzieren brauche und im Gegenzug eine Woche Jahresnutzungsrecht daran genieße, mehr Urlaub könne sich heute sowieso kaum ein Mensch mehr leisten, warum es erstrebenswert sei, sich auch in diesen raren Tagen der Entspannung in seinen eigenen vier Wänden wissen zu können.

Die Koordination der Eigentümerwünsche, wann sie hier Ferien machen wollten, übernähme die Verkaufsgesellschaft aus Servicegründen selbstverständlich gerne und exklusiv, gegen eine geringe Jahresgebühr von 272 DM. Und weil man hierher in die Ferien komme, solle das haus immer gepflegt sein, auch das nur eine Frage des Services, der mit 520 DM jährlich, also nur zweiundvierzig Mark fünfzig im Monat recht erschwinglich sei. Wer sich darüber hinaus für eine Nebensaisonnutzung der Immobilie entscheiden könne, dürfte mit einem Preisnachlaß von 10 Prozent rechnen. Hernandez rechnete: 23.800 DM mal 52 ergibt rund eine Million Mark, Preisabschläge schon eingerechnet. Dazu kämen jährliche Einnahmen von rund 800 Mark pro Nase, also über vierzigtausend Mark pro Jahr für Pflege und noch mal zwanzigtausend für die Vermittlung. Für solches Geld sollte sich wohl ein haus bauen lassen, das noch einigen Gewinn abwürfe. Man zeigte Hernandez eine Art Probeheim, das direkt an den Verkaufsraum angeschlossen war und einzig der Illustration der Teilzeiteigenheim-Ausstattung dienen sollte. Da seine beiden Stockwerke in den Keller gebaut worden waren, simulierten vor den indirekt beleuchteten Fensterhöhlen angebrachte Fotografien von Parklandschaften den Ausblick in die Natur. Als Hernandez sich nach finanziellen Beteiligungen an der Verkaufsgesellschaft und deren Erlösen interessiert zeigte und zu verstehen gab, er sehe hier den Reiz eines Geschäftes, nicht aber im Teilzeitferienhausbesitz, fanden die Verhandlungen ein rasches Ende. Am Ausgang bekam er aus der Hand eines abgehalfterten Versicherungsvertreters noch die versprochene Telefonkarte im Wert von DM 5,- sowie einige Sauna- und Tennisclub-Gutscheinhefte ausgehändigt.